Saatgut: gefährliche Beziehungen

24 Februar 2013
Poonal 1035

(Mexiko-Stadt, 24. Februar 2013, la jornada-pooonal).- Während die Konzerne der Agro- und Biotech-Industrie Druck auf die Regierung ausüben, um die Genehmigung für die kommerzielle Aussaat von Genmais im Land zu erhalten, eröffneten Bill Gates und Carlos Slim am 13. Februar 2013 den biowissenschaftlichen Komplex oder Cluster als Teil des Internationalen Zentrums für die Mais- und Getreideverbesserung CIMMYT (International Maize and Wheat Improvement Center) im Bundesstaat Mexiko.
Das Zentrum wird der Entwicklung genveränderten Saatgutes dienen. Die Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich gegen den Anbau solchen Saatgutes wenden, befinden sich in Alarmbereitschaft.
Vor dem Hintergrund der Klimakrise, der Preiskrise für Lebensmittel und der Zunahme von Importen, die allesamt durch das von Regierung und Konzernen weltweit propagierte Modell der industriellen Landwirtschaft und des freien Marktes verursacht sind, sah es Slim als unabdingbar an, Effizienz, Produktion und Gewinn der einheimischen Landwirtschaft zu erhöhen, während Gates ankündigte, die vom CIMMYT erzielten Züchtungserfolge bei Getreide und Mais in der übrigen Dritten Welt zugänglich zu machen.
Fortsetzung der „Grünen Revolution“
Das CIMMYT ist Nachfolger eines von der Rockefeller-Stiftung finanzierten Zentrums. Letzteres hatte ab 1945, auf der Grundlage von Hochertragssaatgut, das auf chemische Düngemittel und Bewässerung anspricht, die Grüne Revolution in Mexiko finanziert.
Diese mit der intensiven Nutzung von Kunstdünger verbundene Strategie hat sich langfristig weder als umweltfreundlich noch als wirtschaftlich nachhaltig erwiesen. Sie war außerdem für den Verlust der Vielfalt an Sorten verantwortlich, indem sie eine große Zahl kleinbäuerlicher Anbausorten verdrängte.
Die Rockefeller-Stiftung und die Gates-Stiftung haben bereits zuvor zusammengearbeitet. Sie gründeten eine Allianz für eine grüne Revolution in Afrika AGRA (Alliance for a Green Revolution in Africa) als Projekt für die Lösung von Hunger und Armut. Ihre Strategie basiert auf der Förderung der Saatgutkonzerne und dem erhöhten Verkauf chemischer Düngemittel. So gesehen, scheinen sie „Hunger und Armut der Multis“ beseitigen zu wollen.
Wikileaks „enttarnt“ Verbindung zwischen AGRA und Monsanto
In Afrika wollte die Gates-Stiftung anfangs nicht zugeben, dass ihre Landwirtschaftsstrategie transgenes Saatgut einschloss, obwohl verschiedene Personen, die für AGRA die Werbetrommel rührten, zuvor Monsanto-FunktionärInnen waren. Es war schließlich Wikileaks, die den Kauf von Monsanto-Aktien für 500.000 US-Dollar bekannt machten. In Mexiko erklärte Bill Gates auf ausdrückliche Nachfrage der Journalistin Cármen Aristegui in CNN, dass die Transgene Bestandteil der Instrumentenkiste sind, jedes Land aber entscheide, ob es dieses Saatgut nutzen wolle.
Erfahren in monopolistischen Praktiken, beabsichtigen Gates und Slim die Anpflanzung derjenigen gentechnisch veränderten Organismen in der Dritten Welt zu verbreiten, deren Patent abgelaufen ist und die daher nicht mehr die Zahlung von Lizenzgebühren erfordern. Sie propagieren die Vorstellung, die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen des Südens seien von den Vorteilen der Transgene ausgeschlossen worden. Ihrer Idee nach soll das CIMMYT aufgrund seiner Verbindungen zu landwirtschaftlichen Institutionen weltweit das Medium sein, mit dessen Hilfe man den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern diese Mittel zukommen lässt. Das Zentrum könnte bestimmte Produkte entwickeln und sie kostenlos zur Verfügung stellen oder einige der alten Genprodukte zu günstigen Preisen kaufen.
Akt der Biopiraterie
In Mexiko finden sich die Querverbindungen zwischen Gates, CIMMYT und Monsanto auch in einem Programm der vorherigen sechsjährigen Regierungsperiode. Es trägt den Namen „Nachhaltige Modernisierung der Traditionellen Landwirtschaft“ (MASAGRO). Von Gates wurde MASAGRO als das weltweit bisher originellste Projekt eingestuft, das sich auf den anfälligsten Landwirtschaftssektor richte.
Zu seinen Grundpfeilern gehört es, das genetische Potential der Mais- und Getreidesammlungen des CIMMYT zu entdecken, um die Gene als Rohstoff zu nutzen und das Saatgut den Bedingungen der Klimakrise anzupassen.
Das Programm sieht vor, das genetische Potential der 27.000 Mais- und 150.000 Weizenproben zu charakterisieren und aufzudecken, die das CIMMYT konserviert, um so ihren genetischen Fußabdruck zu bekommen und ihn der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Die Sammlungen des CIMMYT stützen sich auf die kollektive Arbeit und den guten Willen von AgrarwisschenschaftlerInnen und ZüchterInnen. Die private Aneignung der Sammlungen ist daher ein Akt der Biopiraterie.
Da die beiden reichsten Männer der Welt in Netzwerken, Zirkeln, Verbindungen und Beziehungen zu Hause sind, ist ihre für Saatgut nicht verwunderlich. Genauso sind sie jedoch für ihre Erfahrung bekannt, Marktquoten und Macht transnational zu konzentrieren. Eine Eigenschaft, die auch die Konzerne der Agrobiotechnologie charakterisiert.
*Die Autorin arbeitet für das Zentrum für den Wandel in der mexikanischen Landwirtschaft CECCAM (Centro de Estudios para el Cambio en el Campo Mexicano).