Filantropische Monopole

09 März 2013

MEXIKO
Filantropische Monopole

Montag, den 18. März 2013
von Silvia Ribeiro*
(Mexiko-Stadt, 09. März 2013, la jornada-poonal).- Seit der kommerzielle Anbau der Transgene 1996 in den USA eingeführt wurde, versichern die BefürworterInnen, die Transgene steigerten die Produktion. Noch 2012 konzentrierten sich 98 Prozent der Fläche der weltweit angepflanzten Transgene auf nur zehn Staaten und die große Mehrheit der Nationen verbietet den Anbau. Doch die Behauptungen der Produktionssteigerung erfüllen sich nicht und dies wird ständig durch neue Belege aufgezeigt.
Die Unzufriedenheit der LandwirtInnen, die viel mehr für das Saatgut zahlen müssen und keinen Unterschied beim Ertrag sehen, wächst. Zudem bereitet es den Unternehmen Kopfschmerzen, dass ab 2015 die ersten Patente für mehrere Transgene auslaufen (beispielsweise für die glyphosatresistente Sojabohne RR). Darum entwerfen sie mit Hilfe von Superreichen, wie Bill Gates und Carlos Slim neue Strategien, um ihre Oligopole nicht nur beizubehalten, sondern ihre Märkte auszuweiten. Das läuft dann unter dem Namen Filantropie.
Kaum Ertragssteigerung durch Genmais
Ein neuer in der Wissenschaftszeitschrift Nature Biotechnology im Februar 2013 veröffentlichter Artikel belegt, dass der Genmais fast immer eine geringere Produktivität aufweist. Forscher der Universität von Wisconsin (Guanming Shi, J. Chavas und J. Lauer) untersuchten die Maiserträge in diesem Bundesstaat über mehrere Jahrzehnte. Obwohl ihre Sympathie für die Transgene offensichtlich ist, kommen sie zu dem Schluss, dass nur zwei genetisch manipulierte Maissorten eine leichte Ertragssteigerung zeigten, während der übrige Genmais weniger als die Hybridsorten produzierte.
In den Fällen, in den mehrere transgene Merkmale kombiniert wurden, beispielsweise bei herbizidresistentem Mais kombiniert mit insektizidproduzierendem Mais, fanden sie durchgängig geringere Erträge vor. Die Autoren schreiben dies einer negativen Interaktion der Transgene zu, obwohl sich deren Merkmale eigentlich addieren sollten. Um die schlechten Nachrichten zu kompensieren, weisen die Wissenschaftler aber darauf hin, dass die Transgene eine größere Stabilität aufweisen. Das heißt, sie produzieren weniger, aber immer gleich viel. Ist das wirklich ein Vorteil?
Riskante Feldversuche
Doch jenseits aller Ironie: diese unerwartete Interaktion belegt, dass diejenigen, die Transgene konstruieren, nicht wirklich das Spektrum der Konsequenzen kennen, die die genetische Manipulation hat. Das aber haben die verantwortlichen WissenschaftlerInnen wiederholt behauptet. Die Gentechnik ist eine Technologie mit so vielen unbekannten Faktoren, dass sie wieder ihren Namen verdient, noch jemals das Labor hätte verlassen dürfen.
Aber eine Technologie muss nicht notwendigerweise gut sein, damit sie auf den Markt kommt. Es reichen gewinnsüchtige Unternehmen, die bereit sind, das notwendige Geld für Marktforschung, Korruption und/oder Strategien auszugeben, die Märkte zu kontrollieren.
Ein Beispiel dafür ist, dass dieselben Multis, die die Transgene kontrollieren, ebenfalls den Markt für Hybrid-Saatgut beherrschen. Aber sie verkaufen lieber transgenes Saatgut, da es patentiert und die Kontamination – also das Auftreten von gentechnisch veränderten Pflanzen (gvo) – nachweisbar ist. Das erlaubt den Firmen, LandwirtInnen abhängiger zu machen und zusätzliche Einnahmen zu erzielen, indem sie jene Landwirte wegen illegaler Verwendung ihrer patentierten Gene verklagen, deren Felder mit gentechnisch veränderte Pflanzen kontaminiert worden sind.
Monsanto verklagt FarmerInnen
In den USA hat Monsanto laut dem Bericht „Seed Giants vs. US farmers“ (Center for Food Safety, 2013) 410 FarmerInnen und 56 kleine landwirtschaftliche Unternehmen vor Gericht gebracht. Zahlen, die sich auf außergerichtliche Einigungen beziehen, sind wesentlich höher. Denn die Klagen, die Monsanto gewonnen hat, haben Terror unter den LandwirtInnen gesät. Diese ziehen außergerichtliche Zahlungsvereinbarungen vor, um Gerichtskosten zu sparen.
Auch DuPont-Pioneer hat eine Genpolizei eingerichtet, um Proben auf den Feldern von Bauern und Bäuerinnen zu entnehmen, die verklagt werden könnten. Doch die Patente viele transgener Anbaupflanzen werden in den kommenden Jahren unerbittlich auslaufen. Die Unternehmen haben daher Strategien entworfen, um die Kontrolle über die Märkte nicht zu verlieren – und sogar neue zu eröffnen. Dies soll vor allem in den Ländern des Südens geschehen, die Strategie zielt auf Bauern und Bäuerinnen mit niedrigen Einkommen ab. Ein neuer Bericht der ETC-Group (Gene Giants and Philanthrogopoly) beleuchtet diese Manöver.
Multis wollen Dominanz am Markt verstärken
Die erste Strategie dieser Unternehmen besteht darin, den Verkauf jener Transgene, deren Patente bald enden, einzustellen und stattdessen andere auf den Markt zu bringen. Diese sind zwar grundsätzlich gleich, weisen aber eine minimale Veränderung auf, mit der ein neues Patent angestrebt wird. Dies ist bei der Sojabohne RR2 der Fall. Ein noch viel bedeutenderer Schritt ist die Ankündigung einer Art „gemeinsamen Genpools“ der Mehrheit jener Unternehmen, die den transgenen Markt kontrollieren.
Dieser Pool soll den LandwirtInnen Gewissheit geben, dass die Anbaupflanzen, deren Patentierung bald endet, weiterhin in den Ländern angebaut werden können, deren Biosicherheitsgesetze eine Neugenehmigung nach dem Ablauf bestimmter Fristen verlangen. Diese Behauptung ist in höchstem Maße zynisch. Denn es geht weder um Gewissheit noch um Biosicherheit sondern darum, ein Konzernkartell zu legalisieren, um die umfassende Dominanz des Marktes noch zu verstärken.
In diesen Kontext müssen die jüngsten Erklärungen von Bill Gates und Carlos Slim eingeordnet werden. Zusammen mit dem Direktor des Internationalen Zentrums für die Mais- und Getreideverbesserung CIMMYT (International Maize and Wheat Improvement Center) sagten sie zu, den armen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen transgenes Saatgut zur Verfügung zu stellen, für das keine Patentgebühren bezahlt werden müssen.
Geschäft mit Saatgut aus abgelaufenen Patenten
Es handelt sich um Transgene, deren Patent abläuft und die von den Unternehmen vom Markt genommen werden – es sei denn, sie könnten damit neue Märkte erschließen. Es handelt sich um ein trojanisches Pferd, mit dessen Hilfe die Böden der Bauern von Transgenen invadiert werden können. Dies ist der Versuch, die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen zum Verzicht auf ihr eigenes Saatgut zu bewegen und sie vom Saatgut der Konzerne abhängig zu machen.
Selbst dann, wenn sich diese Strategie als erfolglos erweisen sollte, weil Transgene und Hybridsorten auf den unebenen, bäuerlichen Böden nicht ohne Bewässerung und Agrogifte wachsen: Diese Paketangebote könnten beträchtlichen Schaden für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und für deren Fähigkeit bedeuten, sich selbst zu ernähren und, vor allem angesichts des Klimawandels, weiterhin eine Saatgutvielfalt zu erzeugen. Nicht die Filantropie, sondern Monopole und unternehmerische Gier sind das Thema.
*Forscherin der ETC-Group